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Teil 6 – Halleluja
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06.02.14 19:22
Franke 

Administrator

06.02.14 19:22
Franke 

Administrator

Teil 6 – Halleluja

Die erste Woche war voller neuer Eindrücke für mich. Ich lerne ein völlig anderes Angola kennen, ein Angola ohne Bürgerkrieg, keine Maschinengewehr-Salven, Autobomben, keine Angst. Ein friedliches und für mich ein völlig neues Angola. Denn ich habe schon drei Jahre Bürgerkrieg in Luanda miterlebt.

Aber jetzt bin ich in Oncocua, im Süden Angolas, und wir haben Sonntag, einen friedlichen Sonntag.
Nach dem Frühstück gehe ich meine gewohnte tägliche Runde. Erst einmal rüber zu unserer Werkstatt, um den Dieselgenerator auszuschalten, der für unser Krankenhaus, das Internat, die Lare, den Strom für die Nacht liefert. Dann werden die beiden Solaranlagen für das Krankenhaus und unsere Casa überprüft. Der Abstecher zur Lare kommt danach dran. Ich schaue nach dem Rechten im Internat und setze mich erst einmal zu Manuel, dem Chef der Lare.
Alles ist bestens, alles ist wie an jedem Sonntag, friedlich und ruhig. Er gibt mir einen kleinen Bestellzettel mit, den er für die Verpflegung der Kinder braucht. Wir fahren nämlich nächste Woche nach Ondjiva, der Hauptstadt von Kunene, und tätigen Einkäufe für unser Projekt. Das Internat wird von uns mit Lebensmitteln und der Ausstattung unterstützt.

Oncocua strahlt am Sonntag, im Gegensatz zu dem etwas mehr oder weniger quirligen Wochenleben eine absolute Stille aus. Ein paar Mutuas und Macuanas, Traditionelle, kreuzen meinen Weg. Der Ort scheint wie leergefegt.
Sonntag, sicherlich schlafen noch alle, geht mir durch den Kopf.
Emilia unsere Haushaltshilfe läuft schnell an mir vorbei und hat es ziemlich eilig.
Ich gehe dann zur Ortsmitte, ein kleiner Platz mit einigen Lehmhütten, die den Ortskern bilden.
Hier spielt sich das Leben des Ortes ab. Einige kleine Läden, die wir als solche selbst nicht erkennen würden, die aber doch viele wichtige Dinge des Lebens anbieten und abdecken.
Von Spaghetti, Zwiebeln, Kartoffeln, Salz, Zucker, Mehl, auch Bier und anderen Nützlichkeiten wird hier einiges im überschaulichen Angebot geboten. Natürlich nur so lange der kleine Vorrat reicht. Es ist nicht leicht, die Waren durch dieses mehr als unwegsame Gelände heranzuschaffen. 80 Km sind allein schon eine Tagesfahrt, wenn nicht gerade Regenzeit ist.

Es ist so gegen 10:00 Uhr, und ein kleiner Laden von insgesamt Drei hat geöffnet.
Boni führt das kleine Geschäft in einer kleinen Lehmhütte. Der Verkaufsraum ist gerade einmal 3mal 3 Meter groß. Aber Boni hat eine Satelitenschüssel und den einzigen Fernseher im Ort, der kulturelle Mittelpunkt am Abend.
Natürlich bilden Telenovelas aus Brasilien hier den Höhepunkt. Das TV-Programm ist genau so gut wie unseres in Deutschland, also auf hohem Niveau!
Telenovelas satt und auch viele Dieters und Co.
Der kleine Laden hat eine Verkaufstheke, und über einer Kühltruhe hängen einzelne Bretter als Regale.
Zwei, drei Plastikhocker und ein Tisch, denen man die Jahre schon etwas ansieht. Ich liebe es!
Und ich frage mich macht unsere Wohlstandstechnik in einem prunkvoll eingerichteten deutschen Wohnimmer den Menschen glücklicher?
Diese Frage wird mir in den nächsten Monaten beantwortet.
Denn hier lebt man noch das Leben!

Eine Hand voll Leute treffe ich dennoch am Sonntag hier im Ortskern. Die meisten sind aus unserer Werkstatt, die keine Familie hier haben, dafür aber einen guten Job. Sie arbeiten hier auf Montage.
Auch mein Freund Nascimento gesellt sich dazu. Meine Frage hat er schnell beantwortet.
Jeden Sonntag sind fast alle aus dem Ort in der Kirche. Sie ist christlich ausgerichtet und der Gottesdienst dauert schon mal 4 bis 5 Stunden. Es wird viel gesungen und getanzt, und das „Halleluja“ darf natürlich nicht fehlen
Ich frage Nascimento, wo seine Frau Bella ist.
Er sagt nur „Bella ist - Hallejula“, wir haben gelacht, und es wurde ein geflügeltes Wort für uns beide.
Wenn Nascimento „Hallejula“ sagte, wusste ich immer, dass seine Frau in der Kirche ist.

a Uli, Ulrike unsere Krankenschwester, wollte mich eigentlich heute mitnehmen, denn sie war zum Gottesdienst eingeladen, aber mir ging es genauso wie Nascimento. Ich bin überzeugter Atheist, und er hat, so glaube ich, seinen Glauben in diesem verdammten Bürgerkrieg verloren. Wir beide hatten nicht wirklich Interesse an einem „Halleluja“.
Wir haben bei Boni in seinem kleinen Laden gesessen und nicht über Gott, aber über die Welt bei einem kühlen Bier gesprochen.
Unser Halleluja...
Ein sehr ruhiger Sonntag, ein Sonntag, den wir hier nicht mehr so kennen.

Ich schlafe diese Nacht wie ein Toter. Gut so, denn wir wollen morgen mal kurz 150 Km zum Einkauf für unser Projekt nach Ondjiva fahren.
Kein Problem denke ich, aber ich ahne noch nicht, dass diese kleine Strecke und der kleine Einkauf schon einmal mehr als 5Tage beanspruchen werden. Dazu aber mehr im nächsten Teil.

Vielen Dank
Gruß Frank

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Sonntag in Oncocua.JPG Sonntag in Oncocua.JPG (1197x)

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Gottesdienst in Oncocua - Halleluja.jpg Gottesdienst in Oncocua - Halleluja.jpg (1214x)

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Unser Tischler Orlando am Sonntag.JPG Unser Tischler Orlando am Sonntag.JPG (1214x)

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einige Mushimba.JPG einige Mushimba.JPG (1201x)

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Bonis Geschäft.JPG Bonis Geschäft.JPG (1204x)

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Boni's kleiner Laden.JPG Boni's kleiner Laden.JPG (1242x)

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Geschäft von Boni.JPG Geschäft von Boni.JPG (1197x)

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Boni selbst.JPG Boni selbst.JPG (1221x)

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