Ich bin nach dem Bürgerkrieg wieder in einem freien Angola angekommen und habe im eigenen Lager unserer Hilfsorganisation so einiges erlebt, was nicht immer so ist wie es sein sollte. Ok, wir sind Menschen und haben viele Fehler, Fehler, die auch ich gemacht habe. Dennoch gehen unsere Ansichten im Team weit auseinander. Ich bin mit meinen Vorstellungen oft zu sehr der Ossi, zu gerecht, zu viel gutes Herz. Wir sind so aufgewachsen.
Mein Doktor und meine Krankenschwester, mit der ich in Oncocua zusammnen lebe und arbeite, sind im wohlverdienten Urlaub in Deutschland. Zwei Menschen, die ich sehr zu schätzen gelernt habe. Ich bin dann ausgerechnet mit einem Techniker, der seine absolute Profilneurose auslebt und einer frustrierten Krankenschwester konfrontiert, die sich für kurze Zeit in Oncocua einquartieren, zusammen. Beide hatten mich als Opfer auserkoren und ihren geballten Frust rausgelassen. Das war Mobbing pur, rund um die Uhr. Dass Menschen so ausarten können, hatte ich noch nie erlebt, aber über Monate von beiden schon ertragen müssen.
Meine Konsequenz war der Auszug aus unserer gemeinsamen Villa. Ich babe auf solchen Stress und solche Menschen einfach keinen Bock mehr gehabt. Ich bin in eine Lehmhütte ohne Strom und Wasser gezogen und durfte ein Stück Afrika erleben, was noch keiner so erlebt hat, ich war jetzt selbst ein Teil dieses Afrikas, ein Teil von Oncocua.
Ich bin zu Christina Joana Segunda Luciano gezogen. Sie lebt in einer kleinen Lehmhütte auf dem Grundstück von meinem besten Freund Nascimento. Ich habe wieder Menschen, die mir Rückenhalt geben. Ich hatte plötzlich wieder eine Familie, denn meine eigene ist 8000 km verdammt weit weg, es kann schon sehr einsam um einen werden.
Wenn ich von einer kleinen Lehmhütte spreche, meine ich das auch so. Ca. 10 Quadratmeter, ein kleines Esszimmer und ein Schlafzimmer, alles aus Lehmziegeln gefertigt mit einem Wellblechdach, welches die Stabilität durch größere Steine erhält. Eine Einganstür und ein winziges Fenster. Den Luxus eines Klos sowie Wasser und Strom gibt es natürlich nicht. Die Küche war ein kleiner Django vor unseren beiden Lehmhütten, die wir gemeinsam nutzen. Ich bin endlich in Afrika angekommen. Ich ahne noch nicht, dass ich etwas erlebe, was nur wenige überhaupt vor mir erleben konnten.
Morgen ist ein neuer Tag und ich gehe das erste Mal von meinem neuen Zuhause zur Arbeit. Mehr gibt es morgen...